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9615489: Gerechtigkeit für die Opfer von Hillsborough

Noch während sich die Ereignisse in Sheffield entwickelten konnten die in Liverpool gebliebenen Angehörigen und Freunde diese im Fernsehen live verfolgen, ohne jedoch eingreifen zu können. Zu dieser Hilflosigkeit kam die Ungewissheit, ob sie jene, die sie des Morgens in so positiver Stimmung in Liverpool verabschiedet hatten denn jemals wiedersehen würden. Es wurde zwar eine Informationsstelle eingerichtet, aber gesicherte Informationen kamen nur langsam durch, viele der Angehörigen begaben sich zu den Bahnhöfen um verzweifelt auf die Ankunft der Überlebenden zu warten.

Der Fussballclub setzt auf unbestimmte Zeit den Spielbetrieb aus und öffnete das Anfield Stadion für die Trauernden, die Blumen zu Ehren der Opfer niederlegen wollten. Tausende von Menschen verwandelten in den nächsten Tagen das Spielfeld und die Tore in eine Gedenkstätte. Am 16. April läutete die 14 Tonnen schwere Hauptglocke der berühmten Anglikanischen Kathedrale von Liverpool 94 mal (ein Todesfall war zu diesem Zeitpunkt noch nicht registriert, Tony Blend verstarb erst nach vier Jahren Krankenhausaufenthalt an eine Beatmungsmaschine angeschlossen).

Die Position der South Yorkshire Police war von Beginn an, die Katastrophe auf die verspätete Ankunft volltrunkener Fans zu schieben. Bereits am Tag der Katastrophe hatte Chief Inspector David Duckenfield gegen 15:20 gegenüber dem Vorsitzenden des Fussballverbandes behauptet die Öffnung der Tores sei durch die Fans selber verursacht worden. Bereits am 16. April kündige die Premierministerin Margaret Thatcher eine Untersuchung der Vorfälle an, wobei ihr Sprecher allerdings die Position der Polizei übernahm. Mit den Vertretern der Fans des FC Liverpool hatte sie sich während ihres Stadionbesuchs erst gar nicht unterhalten.

Am Mittwoch nach der Katastrophe in Sheffield veröffentlichte die Schmierzeitung "The Sun" unter dem Titel "The Truth" einen Artikel in dem behauptet wurde die Fans des FC Liverpool hätten die Rettungsversuche der Polizei behindert und die Opfer beraubt. Dieser Bericht beruhte vollständig auf der Aussage des Polizisten MP Irvine Patrick, der in Hillsborough gar nicht im Einsatz war und später zugab, weder vor Ort gewesen zu sein noch mit einem einzigen Anhänger des FC Liverpool gesprochen zu haben. Die Sun gestand später zwar ein, dass der Bericht vollkommen haltlos gewesen sei, doch der in Liverpool und Umgebung ausgerufene Boykott "Don't buy the Sun" hält bis heute in Kreisen der Liverpooler Fussballfans an.

Am 4. August 1989 veröffentlichte der eingesetzte Lord Justice Peter Taylor seinen ersten Bericht. Darin machte er die strukturellen Mängel des Stadions sowie die Entscheidung Duckenfields das zusätzliche Tor zu öffnen ohne die Fans entsprechend zu leiten sowie den Spielbeginn aus Sicherheitsgründen zu verschieben für die Katastrophe verantwortlich. Die Darstellung der SYP widerlegte er vollständig. Im Januar 1990 veröffentlichte Taylor seinen zweiten Report, der sich hauptsächlich mit der Einstellung der Fussballvereine und Polizei bezüglich der Sicherheit in Fussballstadien beschäftigte. Im Anschluss an diesen Report wurden in allen Stadien Englands entsprechende Maßnahmen unternommen. Die Drehkreuze wurden ebenso entfernt wie die Zäune zum Innenraum. Die berüchtigten Terrassen wurden abgeschafft und die Stadien in reine Sitzplatzarenen umgewandelt.

Im Mai 1997 beauftragte der neue Labour Innenminister Jack Straw den Lord Justice Stuart-Smith damit die Berechtigung einer erneuten Untersuchung zu prüfen. Leider war auch dieses Gutachten von Vorurteilen geprägt und wurde jenen Stellen, die kritisiert wurden, vor der Veröffentlichung zur Korrektur vorgelegt. So verschwand auch die Kritik von Stuart-Smith, dass in der Untersuchung Zeugenaussagen, die der Polizei widersprachen gekürzt worden waren. Nunmehr hies es nur noch es wäre "besser gewesen, sie ungeschnitten im Ursprungsbericht zu belassen" und eine erneute Untersuchung wurde als nicht notwendig befunden.

Am 24. Juli 2000 wurde nach einer zweijährigen Verhandlung das Urteil in einem Zivilprozess der Angehörigen gegen Chief Superintendent Duckenfield gesprochen. Die anklage lautete auf Fahrlässige Tötung sowie Irreführung der Justiz, aufgrund seiner Falschaussage bezüglich der Öffnung des Tores. Aufgrund der eingeschränkten Zeit konnte die Jury zu keinem eindeutigen Ergebnis kommen. Der zuständige Richter Mr Justice Hooper entschied daraufhin, dass eine Wiederholung des Verfahrens Duckenfield nicht zuzumuten und daher ausgeschlossen sei.

Derzeit versucht die Mutter eines der Opfer Anne Williams eine Anhörung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu erhalten. Ihre Hauptkritikpunkte sind einerseits die einseitige Untersuchung des Falles durch die britischen Behörden, andererseits die willkürliche Beschränkung der Untersuchung auf die Zeit vor 15:15. Anne Williams verfügt über Aussagen, die belegen, dass ihr Sohn noch nach diesem Zeitpunkt lebte und mit entsprechender medizinischer Versorgung hätte gerettet werden können. Sollte Ihr Fall vom Europäischen Gerichtshof angenommen werden, so wäre es wahrscheinlich, dass auch die britischen Behörden erneut aktiv würden.


Die Fotos auf dieser Seite wurden zur Verfügung gestellt von der Hillsborough Justice Campaign, 178 Walton Breck Road, L4 0RG